Antworten mit Weitblick gefragt in der Milchkrise

Die SPD-Bundestagsabgeordnete für den Landkreis Göppingen zur aktuellen Milchmarktkrise

Den Milchbauern steht das Wasser bis zum Hals. Bei historisch niedrigen Preisen können die Betriebe längst nicht einmal mehr kostendeckend arbeiten. Dass der Milchpreis seit Anfang 2014 von 40 Cent pro Kilogramm sich bis heute fast halbiert hat, liegt hauptsächlich an der international schwindenden Nachfrage aus Fernost und den arabischen Staaten. Das Handelsembargo der EU gegenüber Russland tut sein Übriges. Hinzu kommt, dass das Angebot nach Wegfall der EU-Milchquoten Anfang letzten Jahres stark gestiegen ist – ein ruinöser Teufelskreis, insbesondere für kleine Familienbetriebe.

Schnell muss diese Abwärtsspirale gestoppt werden. Es braucht auskömmliche Preise, um gerade den familiengeführten Milchviehbetrieben in der Region ein Überleben zu sichern. Mindestens 33 bis 35 Cent pro Kilo müssten sie erhalten, um ihre Kosten decken und ein Auskommen für die Bauernfamilie zu haben. Da helfen die von der EU bereits angebotenen Liquiditätsbeihilfen nur kurzfristig. Einige Bundesländer haben eigene Maßnahmen ergriffen, um auf die Krise zu reagieren. Am Montag lädt Bundesminister Schmidt zum Milchgipfel, und auch bei uns im Südwesten wird es einen Krisengipfel geben.

Bei allem gebotenen Aktionismus werden sich die Schwierigkeiten auf dem Milchmarkt langfristig nur lösen lassen, wenn die Krise für strukturelle Veränderungen genutzt wird. Denn längst ist der Milchmarkt ein globaler Markt. Mit Geld allein wird man dem Problem nicht beikommen. Wir brauchen eine gesellschaftliche Debatte und politische Weichenstellungen: Welchen Stellenwert messen wir der regionalen Wirtschaft zu? Wie sollen unsere Lebensmittel künftig erzeugt werden? Wollen wir weiterhin eine Ausrichtung auf Massenproduktion für den Weltmarkt? Wieviel ist uns die Pflege unserer Kulturlandschaft wert?

Allzu sehr sind die Erzeuger bisher in unflexiblen Verträgen mit Molkereien gefangen und tragen überwiegend allein das Risiko globaler Marktschwankungen. Darum muss die Verhandlungsposition der Landwirte gestärkt und die Abhängigkeit von der Exportwirtschaft verringert werden. Sowohl auf EU-Ebene, als auch in Deutschland sollten gesetzgeberisch die Weichen so gestellt werden, dass dem Preisdumping entgegengewirkt und mehr Wert auf reduzierte Mengen und gute Qualität gelegt wird.

Das könnte auch die Entwicklung hin zu einer ökologischen Produktionsweise befördern. In diesem Sinne kommt uns Verbraucherinnen und Verbraucher eine besondere Rolle zu. Denn wir entscheiden darüber, wieviel wir bereit sind zu bezahlen für hochwertige Lebensmittel, die in der Region erzeugt werden. Politisch sollten wir jedenfalls Druck machen auf die wenigen verbliebenen Einzelhandelsketten, damit sie ihren Preiskampf nicht weiter auf dem Rücken der Erzeuger austragen, sondern ihre Marktmacht für die regionalen bäuerlichen Betriebe einsetzen.

Um die aktuelle Milchkrise, die längst zur Existenzkrise für unsere Milchviehhalter geworden ist, zu überwinden, ist jedenfalls rasches Handeln gefragt. Da ist es wenig Vertrauen weckend, dass der Bundeslandwirtschaftsminister seinen Milchgipfel im stillen Kämmerlein abhalten will. Weder die Verbände der Milchviehhalter, noch die Landesminister oder wir Parlamentarier sind beteiligt. Im Deutschen Bundestag werden wir kritisch beobachten, ob die Ergebnisse langfristig tragfähig sind. Nur in gemeinsamer Verantwortung lassen sich Antworten mit Weitblick finden. Gerade die bäuerlichen Familienbetriebe, die viel für den Erhalt unserer schönen Kulturlandschaft tun, brauchen verlässliche Perspektiven für die Zukunft.