Die SPD-Bundestagsabgeordnete für den Landkreis Göppingen und stellvertretende Vorsitzende der Deutsch-Koreanischen Parlamentariergruppe im Deutschen Bundestag berichtet von ihren Eindrücken in Nordkorea.
Monumentale Gebäude und Plätze, auf großen Leinwänden wiederkehrende Aufzeichnungen der Militärparade zum 70. Jahrestag der Gründung der Arbeiterpartei, Portraits und riesenhafte Statuen der Herrscher Kim Il-Sung und seines Sohnes Kim Jong-il – in Pjöngjang sind das totalitäre Regime und der große Führer allgegenwärtig. „Aber in den Straßen sieht man auch westliche Autos, an den Häusern Photovoltaikpanels, die Menschen tragen teilweise Uniformen oder Arbeitskleidung, aber viele auch moderne Kleidung und Handys, mit denen allerdings nur im Land telefoniert werden kann“, berichtet Heike Baehrens.
Die Delegation der Parlamentarier war eine Woche in Nordkorea, um politische Gespräche zu führen, die deutsch-koreanischen Beziehungen zu pflegen und für Schritte der Öffnung zu werben. Hierbei wurden von deutscher Seite stets auch schwierige Themen wie Pressefreiheit und Menschenrechte angesprochen. Bei den offiziellen Begegnungen waren neben der üblichen harten Rhetorik hinsichtlich des Atomprogramms auch neue Töne von koreanischer Seite zu hören. „Hochrangige Vertreter der Regierung und Partei sprachen vom festen Willen, den wirtschaftlichen Aufbau des Landes voranzutreiben und den Lebensstandard der Bevölkerung zu erhöhen“, so Heike Baehrens.
Auf Initiative der deutschen Parlamentarier fand erstmals eine große Dialogveranstaltung in Pjöngjang statt, an der neben den deutschen im Land tätigen politischen Stiftungen und Organisationen (z.B. Welthungerhilfe, Deutsches Rotes Kreuz, Deutscher Akademischer Auslandsdienst, Goethe-Institut) auch viele offizielle Vertreter der nordkoreanischen Seite teilnahmen. „So einen gegenseitigen Austausch in relativ offener Runde mit ca. 130 Teilnehmern hat es dort noch nie gegeben“, erklärt Heike Baehrens.
Sobald man die Hauptstadt verlässt, werden die Armut und rückständige Entwicklung des Landes jedoch deutlich sichtbar. Auf hundert Kilometern begegnet der Delegation ein einziger alter Traktor, die Menschen wirken ausgezehrt und sind zu Fuß oder mit dem Fahrrad unterwegs, Ernteerträge werden auf dem Rücken transportiert. Moderne Methoden der Landwirtschaft finden keine Anwendung, weil es an Technik und Know-How mangelt. „Die Landwirtschaft flächendeckend auf den heutigen Stand der Technik zu bringen, würde einen enormen Kraftakt erfordern, zu dem die nordkoreanische Regierung offensichtlich nicht in der Lage ist“, so Heike Baehrens.
Projekte von Hilfsorganisationen, zum Beispiel das der Deutschen Welthungerhilfe gegen die fortschreitende Bodenerosion, vermitteln grundlegendes Wissen um landwirtschaftliche Zusammenhänge, das durch die jahrelange Planwirtschaft verloren gegangen ist. „Diese Projekte befähigen die Landbevölkerung, ihren Lebensunterhalt durch einen nachhaltigen Anbau von Grundnahrungsmitteln wie Getreide, Süßkartoffeln und Erdnüssen selbst zu decken und sind ein wichtiger Beitrag, um die Lebenssituation der Bevölkerung zu verbessern“, erklärt Heike Baehrens.
Insgesamt ist die Abgeordnete Baehrens überzeugt: „Es ist wichtig, die diplomatischen Beziehungen zu Nordkorea zu nutzen, um beharrlich auf Verständigung und Wandel hinzuwirken. Und dies auch dann, wenn Veränderung nur in winzigen Schritten und manchmal auch Rückschritten möglich erscheint. Um der Menschen willen!“ Denn auch hier gilt, was Bundespräsident Gauck erst vor kurzem bei seinem Staatsbesuch in Südkorea gesagt hat: „Vertrauen und stetiger Dialog sind die Schlüssel zu Verständigung und friedlichem Wandel auch auf der koreanischen Halbinsel“.
Foto: Abgeordnete Heike Baehrens (5 v.r.) zusammen mit der Parlamentarierdelegation beim Besuch des Projektes der Deutschen Welthungerhilfe in Hyungsan, Provinz Pyongang.